FAQ

Es gibt häufig gestellte Fragen, die ich (gerne) genauso häufig beantworte. Auch wenn Fahrwerksprobleme und deren Ursachen so individuell wie die Fahrer selbst sind, könnte es aber doch sein, dass durch die hier vorgestellten Lösungsvorschläge lange Telefonate vermieden werden können …

Womit beginne ich bei der Abstimmung meines Motorrades?
Das ist die wichtigste Frage überhaupt, weil hier schon die meisten Fehler gemacht werden können. Die Reihenfolge ist immer die gleiche: FEDER – BALANCE – DÄMPFUNG Zuerst wähle ich die für mich und mein Motorrad passende Federrate. Beim Neukauf eines Motorrades kann man den Händler seines Vertrauens fast immer überzeugen, das Fahrzeug bereits mit an mich angepasste Federn auszuliefern. Dann stelle ich mir die Balance des Motorrades ein. Zuerst den Durchhang einstellen (siehe unten) und dann erster Fahrversuch auf möglichst ebener Strecke (idealerweise frisch geschoben, oder Wiese). Neigt das Motorrad zum Untersteuern (schiebt über das Vorderrad zum Kurvenaußenrand), brauche ich mehr Druck am Vorderrad. Das erreiche ich durch das Durchschieben der Gabel zum Lenker hin (2-3mm). Neigt das Motorrad eher zum Übersteuern (knickt beim Einlenken zur Kurveninnenseite hin ein), muss ich Druck vom Vorderrad wegnehmen, und die Einbaulänge vergrößern (2-3mm weiter herauslassen). Erst dann beginne ich mit der Dämpfung. Wenn die Federrate einmal stimmt, kann ich mich auf Balance und Dämpfung beschränken. Das geht auch ganz gut, da in den meisten Fällen die Bahn im 1. freien Training noch ziemlich eben sein sollte und die Balance nicht von zu starken Dämpfungseinflüssen beeinträchtigt wird.

Dämpfung auf Gewicht einstellen …
… ist Nonsens. Das Fahrwerk seinem Gewicht anzupassen bedeutet passende Federn auszuwählen, die Dämpfung hat mit dem Gewicht erst mal nichts zu tun. Ein Hobbyfahrer und ein Profi mit dem gleichen Motorrad verwenden bei gleichem Gewicht die gleichen Federn, die Abstimmung der Dämpfung wird natürlich stark voneinander abweichen. Man kann mit Anlauf auf die Waage springen oder vorsichtig draufsteigen, letztendlich wird immer das gleiche Gewicht angezeigt (- Feder <-> Gewicht). Halte ich eine Hand in eine mit Wasser gefüllte Wanne, benötige ich dazu keine Kraft. Bei langsamer Bewegung spüre ich einen geringen Widerstand, der bei steigender Geschwindigkeit (gleiche Hand, gleiche Wanne, gleiches Wasser) immer stärker wird (- Dämpfung < –> Geschwindigkeit

Welche Angaben werden zur Fahrwerksanpassung benötigt?
Die wichtigsten Angaben sind: Fahrzeugtyp und –baujahr, Fahrergröße und –gewicht, geplanter Einsatzzweck (MX / Enduro / Single Trail, bei mehreren Einsatzzwecken Angaben in %), Sonderwünsche (Farb- oder Längenänderungen, etc)

Federkennzeichnung:
Eine Feder wird durch ihre Länge, ihren Durchmesser und ihre Federrate bestimmt. Während Länge und Durchmesser noch relativ einfach für jedermann zu messen sind, ist die Federrate eine Größe, die sich durch weitere Parameter wie Material, Drahtdurchmesser, Anzahl der Windungen, Art der Wicklung, usw. ergibt. Die meisten Hersteller machen Ihre Angaben in N/mm, stark vereinfacht bedeutet das für eine 50er Feder: Platziere ich diese Feder auf eine Waage und stelle die Waage auf null und drücke die Feder dann 1mm zusammen, zeigt mir die Waage ein Gewicht von etwa 50 kg an, bei 10mm 500 kg und so weiter. Sind die Bezeichnungen auf einer Feder unklar oder gar nicht mehr vorhanden, hilft nur der Gang zu einem Spezialisten, der die Feder mit einer Federwaage messen, oder mit einem speziellen Programm berechnen kann. Fast alle Hersteller haben Referenzlisten, aus denen man ablesen kann, welche Federn zu welchem Fahrergewicht empfohlen werden. Daran kann man sich erst mal orientieren, ob’s dann genau passt sieht man am Durchhang.

Durchhang einstellen:
Oft erklärt und doch immer wieder verkehrt gemacht: Den genauen Ablauf könnt ihr am besten Eurem Handbuch entnehmen, da ist es detailliert und bebildert beschrieben. Nur ein paar Hinweise und Erläuterungen dazu: Aus dem Zusammenspiel von statischem Durchhang (Motorrad allein) und dynamischem Durchhang (Motorrad + Fahrer) kann man erkennen, ob die verbaute Stoßdämpferfeder zum Gewicht passt. Beispiel 1: Sollte man Durchhangwerte von 35 – 105 mm erreichen wollen, der dynamische Durchhang bei korrekten 35mm statisch aber nur 90mm beträgt, ist die verbaute Feder zu hart. (um auf die gewünschten 105mm mit Fahrer zu kommen, müsste man die Feder weiter entspannen, dann wäre der statische Durchhang aber deutlich über 40mm. Beispiel 2: Ist bei gleicher Ausgangslage der dynamische Durchhang 120mm, ist die verbaute Feder zu weich. Sollte keine passende Feder zur Hand sein, ist der wichtigere Wert der dynamische Durchhang. Also lieber mit etwas zu viel oder zu wenig statischem Durchhang fahren, wenn der dynamische Durchhang stimmt. Wenn Ihr einmal die richtigen Federn gefunden und den Durchhang eingestellt habt, müsst ihr das eigentlich nicht mehr wiederholen. Die Zeiten, in denen sich Federn im Laufe der Zeit immer weiter gesetzt haben, sind glücklicherweise vorbei. Wenn sich die Werte trotz mehrfach geänderter Vorspannungen und / oder Federraten nicht deutlich verändern, lohnt sich ein genauer Blick auf Schwingen bzw. Umlenkungslager. Nicht selten findet sich hier die Ursache grundlegender Fahrwerksprobleme …

Federn aus dem Zubehör:
Fast alle Federn der verschiedensten Anbieter kommen aus einigen wenigen großen Produktionsstätten. Sie unterscheiden sich nicht so sehr in Material oder Ausführung, sondern in ihren Toleranzen. Ordert ein großer Kunde wie WP / KYB oder ÖHLINS Federn, handelt es sich in den meisten Fällen um Bestellungen jenseits von 500 Stück / Federtyp. In diesem Fall hat der Hersteller keine Probleme damit die ersten 10-12 Federn, die bei der Einrichtung der Maschine anfallen, als Ausschuss zu entsorgen. Alle produzierten Federn dieser Charge haben dann die gleichen Werte. Kommt aber eine Bestellung nahe an der Mindestbestellmenge von 50 Federn rein, tut er sich damit schwerer und evtl. kommen nur die ersten 5 oder 6 in den Ausschuss, und die Werte können dann schon mal deutlich zur Bestellung davor variieren. Aus diesem Grund verwende ich weitestgehend OEM Federn oder ÖHLINS /WP.

Komplette Gabel oder Cartridge-Kit?
Das ist wohl eine der am meisten gestellten Fragen. Dämpfungstechnisch sind beide Varianten identisch, ich habe einige Fahrer mit 2 Motorrädern, die in einem eine komplette Gabel und im anderen den Cartridgekit haben und (fast) keinen Unterschied wahrnehmen. Für den Cartridge-Kit spricht sicher der Preis von weniger als der Hälfte, muss aber beim Verkauf des Motorrades wieder ausgebaut werden. Beim Kauf einer Gabel hat man auch für den Zeitraum, wenn man die Gabel mal warten lässt immer noch die Seriengabel, mit der man trainieren kann und beim Wiederverkauf eine fast unbenutzte Seriengabel.